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Teures Geschenk für G7-Gäste "A bisserl narrisch..."

Ministerpräsident Seehofer darf beim Gipfeltreffen der Mächtigen in Elmau nur den Grüßonkel geben. Dafür legt er den Gästen einen Luxus-Bayern-Bildband auf den Nachttisch. Die Opposition wettert gegen Geldverschwendung.
Landesvater Seehofer im Bildband: Vom Glück, in Bayern zu leben

Landesvater Seehofer im Bildband: Vom Glück, in Bayern zu leben

Foto: SPIEGEL ONLINE

Teuer wird es, das ist sicher. Sehr teuer. Das Rund-um-sorglos-Paket aus Sicherheit und Komfort, das Deutschland den Staatsoberhäuptern und rund 7000 Mitreisenden beim G7-Gipfel in Schloss Elmau bietet, kann bis zu 200 Millionen Euro kosten. Für 48 Stunden Konferenz. Oder auch 300 Millionen, wenn man so rechnet wie die Opposition in Bayern. Genau weiß man es nicht.

Was sind da 300.000 Euro mehr oder weniger, mag man sich fragen? Keine Kleinigkeit, sondern ein Skandal, zumindest für die Freien Wähler und manchen Steuerzahler, möglicherweise auch für streikende Kita-Erzieherinnen.

Gut 300.000 Euro lässt Ministerpräsident Horst Seehofer für einen neuen Bildband springen, den er Teilnehmern und Gästen des Gipfeltreffens nächsten Sonntag überreicht, mit einem Grußkärtchen: "Welcome dahoam!" Wahlweise in Deutsch/Bayerisch oder Englisch/Bayerisch.

Der mächtigste Bayer ist zwar gar nicht dabei, wenn die noch mächtigeren Regenten der wichtigsten Wirtschaftsnationen tagen, er steht nur am Münchner Flughafen und macht den Grüßonkel für Barack Obama. Umso mehr Gewicht hat das Geschenk. Ein 1781 Gramm schweres Buch, gehüllt in grauen Filz mit silbernem Staatswappen. Edel und alles andere als bescheiden. "Bayern. Land im Herzen Europas." So heißt der Bildband mit 248 Seiten, 15.000 Stück wurden vorerst gedruckt.

Bildband für Teilnehmer und Gäste des G7-Gipfels: "Bayern. Land im Herzen Europas"

Bildband für Teilnehmer und Gäste des G7-Gipfels: "Bayern. Land im Herzen Europas"

Foto: SPIEGEL ONLINE

Dass "den Schinken" in Zeiten des Internets sowieso keiner liest, und wahrscheinlich auch nicht mit nach Hause nimmt, regt den Fraktionschef der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, ziemlich auf. "Denen brennt wohl der Hut in der Staatskanzlei" , so Aiwanger. Der Oppositionspolitiker kennt sich aus mit notwendiger Sparsamkeit, aber auch mit dem Luxus in Elmau. Er ist einer der Abgeordneten, die sich im April von Hotelier Dietmar Müller-Elmau zu einem feinen Dinner einladen ließen. Aiwanger sagte hinterher, er habe sowieso nur Mineralwasser getrunken und ein paar asiatische Häppchen gegessen. Ein Rinderbraten wäre ihm lieber gewesen.

Warum nicht herzeigen, was man hat?

Eine einzige solche Szene kann Bayern erklären. Das Einerseits und Andererseits, irgendwie und sowieso, leben und leben lassen. Und vor allem das Immer-recht-Behalten. Aber wie soll man dieses wundersame Volk einem - sagen wir - japanischen Staatschef in eineinhalb Tagen nahe bringen? Selbst wenn er im schönsten Wiesental der Alpen übernachtet. Selbst wenn er den weiß-blauen Sommerhimmel und das Wettersteinmassiv vor dem Fenster hat.

Doppelseite aus dem Bildband: Gebirgsseen und glückliche Kühe (nicht im Bild)

Doppelseite aus dem Bildband: Gebirgsseen und glückliche Kühe (nicht im Bild)

Foto: SPIEGEL ONLINE

Begreifen wird er es möglicherweise erst, wenn er Seehofers Fotoalbum durchblättert. Weißwürste und Brezn, König Ludwig und seine Schlösser, Gebirgsseen und glückliche Kühe, BMW und FCB, Trachtenumzug und "Fack Ju Göhte", schwule Schuhplattler und der Papst, Thomas Müller und der CSU-Vorsitzende. Alles in Farbe, alles eine große Gaudi. Oder "A bisserl narrisch..." wie es im Fotoband heißt. Alles so wie es schon immer war und trotzdem dem Rest der Welt weit voraus.

Warum nicht herzeigen, was man hat? Und weglassen, was weniger fotogen ist, wie etwa ein überfülltes Flüchtlingslager mitten in München?

"Extra Bavariam non est vita - et si est vita non est ita". Außerhalb Bayerns gibt es kein Leben, und wenn, dann kein solches. Diese Inschrift der Estinger Schlosskapelle setzte der Ministerpräsident ganz ans Ende des Bayern-Buches. Diese Erkenntnis wird der Gast also mit nach Hause nehmen oder hinaustragen in die Welt. Allein das ist 21 Euro Stückpreis locker wert.